Am 12. Mai findet in diesem Jahr schon zum zweiten Mal der „Tag der Pflege“ während der Corona-Pandemie statt. Pflegende und Krankenhausbeschäftigte gelten seit Beginn der Pandemie als „systemrelevant“ und wurden beklatscht, dennoch gab es bislang keine Verbesserungen. Im Gegenteil, die Arbeitsbedingungen sind noch unerträglicher geworden! Die Versorgung von kranken und pflegebedürftigen Menschen gleicht der Arbeit am Fließband in einer Fabrik. Nicht selten wurde in den vergangenen Monaten die Gesundheit der Beschäftigten durch unzureichenden Arbeitsschutz aufs Spiel gesetzt. Viele Pfleger*innen halten den Spagat zwischen der von Zeitnot und Überlastung geprägten Betreuung vieler Patient*innen und ihrem eigenen Anspruch an eine gute Pflege nicht mehr aus. Allein von April bis Juli 2020 verließen 9.000 Pflegekräfte ihren Beruf.
Währenddessen erzielen private Klinikbetreiber große Gewinne. Asklepios machte allein im ersten Halbjahr 2020 knapp 22 Millionen Euro Profit. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens und die Einführung des Finanzierungssystems der Fallpauschalen (DRGs) hatten dieser Entwicklung in den letzten 20 Jahren den Weg bereitet. Konzerne wie Asklepios gehen dabei zunehmend gegen kritische Beschäftigte vor, wie sich an den Kündigungsversuchen an Romana und Anja, die unter großem öffentlichem Druck scheiterten, zeigte.
Auch kleinere, gemeinnützige Kliniken geraten unter diesen Umständen zunehmend unter Druck, weil sie den Profit-Optimierungsstandards nicht genügen. Besonders sorgt uns der drohende Verkauf des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß Sand an einen privaten Investor. Die Gefahr besteht, dass ein dringend benötigtes Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung in eine Spezialklinik umgewandelt wird und die Wilhelmsburger*innen somit vollkommen von der Notfallversorgung abgeschnitten werden.
Bis zum 30. Juni will das Erzbistum Hamburg für Groß Sand einen neuen Träger präsentieren. Mittlerweile ist das Bistum offenbar bereit, einem Rendite-orientierten Konzern den Zuschlag zu erteilen. Das könnte zum Ausbau der profitablen Abteilungen Geriatrie und neurologische Rehabilitation bei gleichzeitigem Abbau der Grund- und Notfallversorgung (Chirurgie, Notfallambulanz, Innere Medizin) führen. Die medizinische Versorgung in Wilhelmsburg und Umgebung läge brach.
Eine solche Entwicklung würde die sozialpolitische und gesundheitspolitische Schieflage in Hamburg verschärfen. Wie bei Arztpraxen folgen dann auch die Krankenhausbetten dem Weg des Geldes: Arme Stadtteile bluten aus, reichere profitieren. Die Menschen im wachsenden Wilhelmsburg, die Beschäftigten in den zahlreichen umliegenden Betrieben auf der Elbinsel und im Hafen sowie viele Bewohner*innen des unterversorgten Hamburger Südens haben mit Unterschriften und Aktionen deutlich gemacht, dass sie auf ihr Krankenhaus nicht verzichten werden.
Mit einem solchen Verkauf würde das Bistum den noch vorhandenen Rest an Glaubwürdigkeit verspielen. Und der für die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung zuständige Senat? Er müsste angesichts des breiten Schulterschlusses im Stadtteil und der Unterstützung in ganz Hamburg einen hohen politischen Preis dafür zahlen, erneut die Privatisierung eines Krankenhauses zugelassen zu haben. Denn eine kommunale Übernahme wäre immer noch möglich: Die Behörde könnte das landeseigene UKE als neuen Träger ins Spiel bringen und damit Gestaltungsmöglichkeiten zurückgewinnen.
Gesundheit darf keine Ware sein. Das wissen wir nicht erst seit der Pandemie. Eine Privatisierung, wie bei den landeseigenen Krankenhäusern 2004, damals vorangetrieben vom CDU-Schill-Senat, darf sich nicht wiederholen. Bistum und Senat stehen gemeinsam in der Verantwortung!
Im Gesundheitswesen muss sich gewaltig etwas ändern – Privatisierungen und der weitere Abbau der Versorgung weisen in die falsche Richtung. Deshalb gehen wir am 12. Mai, dem „Tag der Pflege“, auf die Straße. Wir wollen Missstände aufzeigen und ein Zeichen setzen für:
– Mitbestimmung in den Kliniken – Betriebsrät*innen angreifen geht gar nicht!
– Mehr Personal & verbindliche Personalvorgaben – für eine bedarfsgerechte Versorgung!
– Gewinnverbot im Gesundheitswesen – für Gemeinwohlorientierung!
– Abschaffung der Fallpauschalen (DRGs) und Finanzierung nach Bedarf
– Schluss mit der Privatisierung und Schließung von Kliniken – für den Erhalt des Krankenhauses Groß-Sand!
Wir rufen auf zur:
Kundgebung: Mittwoch, 12. Mai 2021, 17 Uhr, Rathausmarkt
Bittet achtet auf Abstände und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Angemeldet sind 200 Menschen.
Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus
Aktion „Groß Sand bleibt!“