Merz‘ Doppelmoral in Ankara

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64 Jahre nach der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen der Türkei und Deutschland am 30. Oktober 1961 hielt Bundeskanzler Friedrich Merz in Ankara eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ab und lobte trotz seiner angestossenen „Stadtbild“-Debatte, die ausgrenzend und spalterisch ist, auf verlogener Weise die Türkeistämmigen in Deutschland. Merz, der in Berlin Migranten als „Belastung“ betrachtet, sagt in Ankara: „Ohne diese Menschen hätte Deutschland vor 60 Jahren nicht denselben wirtschaftlichen Aufschwung geschafft.“ Diese Feststellung entspricht selbstverständlich der Wahrheit, aber die Aussagen von Bundeskanzler Merz in der Türkei stimmen nicht mit seinen Äußerungen und Taten in Deutschland überein.

Bei der gleichen Pressekonferenz sagte Merz, dass Migranten Teil der deutschen Gesellschaft seien, während er und seine Partei seit Jahren große Anstrengungen unternehmen, um genau das Gegenteil zu erreichen. Seine Äußerungen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vor den Bundestagswahlen und die Abschaffung der neuen, sogenannten “Turbo-Staatsbürgerschaft” unmittelbar nach seinem Amtsantritt, zeigen, was Merz wirklich über Migranten denkt.

In Ankara würdigte Merz mit großen Worten die türkeistämmigen Arbeitgeber.  Von den über drei Millionen Türkeistämmigen in Deutschland ist nur ein Bruchteil Arbeitergeber. Statt die große Mehrheit der Arbeiterinnen und Arbeiter zu würdigen, die unter den schwierigsten Bedingungen dazu beigetragen haben, Deutschland wieder aufzubauen, wird eine kleine Minderheit in den Vordergrund gerückt. Doch bereits in seiner Erklärung bezüglich der „Stadtbild“-Diskussionen machte Merz deutlich, welche Migranten in Deutschland erwünscht seien: wer arbeitet – meist im Niedriglohnsektor – darf bleiben, wer nicht, muss gehen. Wieder einmal macht die Bundespolitik somit eine Einteilung in „nützliche“ und „unnütze“ Migranten.

Erdoğans Haltung unterschied sich im Wesentlichen nicht von Merz. Die „türkische Gemeinschaft in Deutschland” ist nicht, wie behauptet wird, ein „gemeinsamer Wert” des deutschen und des türkischen Staates. Es ist kein Geheimnis, dass beide Staaten die Migranten , die sie heute nur zum Schein loben, für ihre eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen ausbeuten, ausgrenzen und als Geldquelle betrachten.
In den vergangenen 64 Jahren haben sowohl türkische wie auch deutsche Regierungen, egal welcher Zusammensetzung, nicht sonderlich viel für ein besseres Zusammenleben hier in Deutschland beigetragen. Im Gegenteil, sie haben ständig versucht, uns zu spalten und gegeneinander aufzuspielen.
Demokratischen Werte und Menschenrechte kamen bei diesem Besuch ebenfalls zu kurz.
Denn die Vertiefung der militärischen, strategischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit hatte auch dieses Mal Vorrang.
Diese Art der Zusammenarbeit, die die Interessen der Arbeiter und der Bevölkerung ignoriert, kann nicht im Interesse der Menschen in der Türkei und in Deutschland sein.

Seit 45 Jahren kämpft DIDF dafür, den Zusammenhalt zwischen Türkeistämmigen und Einheimischen zu stärken. Die Fortschritte, die wir in den 64 Jahren im Hinblick auf das Zusammenleben erreicht haben, müssen wir auch weiterhin gemeinsam verteidigen und ausbauen. Wir können weder von Merz mit seiner “Stadtbild”-Phobie noch von Erdoğan, der seine Einmann-Diktatur aufrecht erhalten will, nicht erwarten, dass sie uns bei unseren Problemen beistehen oder für ein besseres Zusammenleben behilflich seien werden. Das können nur wir gemeinsam tun.

DIDF-Bundesvorstand

Köln, 31.10.2025