Tausende demonstrierten in BRD gegen autoritäre Politik Erdogans. Linke und Kemalisten auf getrennten Wegen
Von Nick Braunsn Deutschland gingen am Wochenende Tausende auf die Straße, um ihre Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die seit dem 28. Mai gegen die autoritäre Politik von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in der Türkei protestieren. In einigen Städten war es zuvor in der Unterstützerbewegung zu einer Spaltung zwischen Linken und türkischen Nationalisten gekommen. So zogen am Freitag abend in Hamburg mehrere tausend Mitglieder der alevitischen Gemeinde, der kurdischen Föderation Yek Kom sowie sozialistischer Organisationen aus der Türkei und Deutschland wie der Föderation Demokratischer Arbeitervereine DIDF, der DKP und der Linkspartei vor das türkische Konsulat. Das Fronttransparent mit der Losung »Der Staat wird zum Mörder« erinnerte nicht nur an die Angriffe auf die Besetzer des Istanbuler Taksim-Platzes, die die jetzige Protestwelle ausgelöst hatten, sondern auch an die Ermordung von 34 kurdischen Dorfbewohnern in Roboski durch einen Luftangriff vor anderthalb Jahren sowie das Massaker an Dutzenden alevitischen Künstlern und Intellektuellen, die vor 20 Jahren in Sivas unter den Augen der Polizei von einem islamistischen Mob in einem Hotel verbrannt wurden.
Türkische Fahnen waren auf dieser Demonstration kaum zu sehen. Nachdem sich die Anhänger der kurdischen Befreiungsbewegung in den ersten Tagen der Protestbewegung weitgehend passiv verhalten hatten und es an einigen Orten zu Angriffen türkischer Nationalisten kam, wurden bei der Hamburger Demonstration zahlreiche Fahnen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und solche mit dem Bild ihres inhaftierten Vorsitzenden Abdullah Öcalan gezeigt. Dieser hat mittlerweile seine Anhänger zu einer Unterstützung der Protestbewegung aufgerufen, aber vor deren Mißbrauch durch nationalistische und rassistische Kräfte gewarnt.
Am Samstag versammelten sich in Hamburg und Berlin Tausende Kemalisten und Nationalisten unter einem Meer türkischer Flaggen. Aufgerufen zu diesen Demonstrationen hatte die Auslandsorganisation der noch von Mustafa Kemal Atatürk (1881–1938) gegründeten Republikanischen Volkspartei (CHP), die im türkischen Parlament die stärkste Oppositionsfraktion stellt, gemeinsam mit der ultranationalistischen Türkischen Jugendunion (TGB) und den Atatürk-Ideen-Vereinen. Ein Großteil der Teilnehmer dieser Demonstrationen war über Netzwerke wie Facebook mobilisiert worden. Am Sonntag nachmittag zogen dann wieder zahlreiche türkischstämmige Linke, Aleviten und Kurden durch Berlin. Auch in anderen Städten fanden Mahnwachen und Kundgebungen vor türkischen Konsulaten statt.