Nach über einem Jahr seiner Inhaftierung wurde der Journalist Deniz Yücel freigelassen. Wir freuen uns, dass er wieder auf freiem Fuss und in Sicherheit bei seiner Familie ist. Der Fall Yücel führt undemokratische Tendenzen in der Türkei deutlich vor Augen.
Zunächst ist zu erkennen, dass die türkische Justiz nicht unabhängig ist und dass die eigentlichen Entscheidungsträger die Regierung und der Staatspräsident Erdogan sind. Yücel wusste bis zu seiner Entlassung noch nicht einmal, was ihm vorgeworfen wurde, es fand keine Anklage statt und ihm wurde auch keine Anklageschrift ausgehändigt. Seine Verhaftung war schon nicht legitim und rechtlich abgesichert. Aber genauso undemokratisch verlief seine Freilassung, obwohl wir uns deswegen freuen.
Dabei hatte Staatspräsident Erdogan immer wieder betont, dass Deniz Yücel niemals frei kommen werde, solange er hier sei. Wirtschaftliche und militärische Interessen waren aber wohl wichtiger, als sein Versprechen, „diesen Terroristen und Agenten für immer hinter Gittern“ zu sehen. Trotz dessen, dass in der Türkei die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Justiz und des Rechtsstaats mit Füßen getreten werden, hat die deutsche Regierung sich entschieden, die vielseitigen Beziehungen zu Erdogan und seiner Regierung fortzuführen und weiterhin Waffen zu verkaufen.
Über 150 Journalisten sitzen weiterhin in türkischen Gefängnissen, weil sie ihre Meinung geschrieben, gemalt oder gesprochen haben. Ihnen gilt nun unsere ganze Solidarität. Zeitgleich mit Yücels Freilassung wurden sechs Journalisten in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilt. Das ist inakzeptabel. Die Bundesrepublik muss Farbe bekennen und diejenigen Kräfte unterstützen, die ihren Kampf für Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte auch weiterhin fortführen.
Deniz Yücels Freilassung zeigt, wie wichtig die von uns geleistete Solidarität ist. Jetzt geht unser internationaler Solidaritätsauftrag für die Freisprechung aller anderen inhaftierten Journalisten, Akademiker und Politiker in der Türkei weiter.