Stuttgart. Am Mittwoch haben Delegationen verschiedener Organisationen in Stuttgart (Bild), Nürnberg, Essen und Köln das Gespräch mit Vertretern türkischer Konsulate gesucht. Sie wollten die Gründe für das Verbot des regierungskritischen türkischen Hayat TV erfahren. Doch in keiner der Städte empfing man sie. Nachdem Ankara dem Sender einen Maulkorb verpaßt hat, will dazu niemand mehr Stellung nehmen.
Hüseyin Avgan, Deutschland-Leiter des Senders, kritisierte gegenüber junge Welt die Haltung der türkischen Vertreter scharf: »Diese Kommunikationspolitik hat genauso wenig mit demokratischer Gesinnung zu tun wie die Entscheidung, unsere Einrichtung zu schließen.« Die Unterstützer von Hayat TV wollen ihre Kampagne für den linksgerichteten Sender nun intensivieren. »Wir werden weitermachen, bis die ungerechte Verbotsentscheidung zurückgenommen wird«, erklärte der Vorsitzende der DIDF, Hüseyin Avgan.
Am heutigen Donnerstag suchen Delegationen in Düsseldorf und Hamburg das Gespräch in den türkischen Konsulaten. In Düsseldorf gehören unter anderem der DGB-Kreisvorsitzende aus Krefeld, Ralf Köpke, Professor Wolfgang Dreßen von der FH Düsseldorf und Hüseyin Avgan zu der Delegation. In Hamburg werden Vertreter verschiedener Parteien und der alevitischen Gemeinde versuchen, mit dem türkischen Generalkonsul zu sprechen.
Vertreter von Hayat TV und die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke) versuchen unterdessen, ein Gesprächstermin mit dem türkischen Innenministerium zu bekommen. Denn bis heute liegt dem Sender kein Schreiben des Ministeriums vor.
Auch in der Türkei erreicht die Solidarität mit Hayat TV heute – am Tag der Pressefreiheit – einen Höhepunkt. Gewerkschaften, Wissenschaftler und Vertreter verschiedener Parteien und Frauenorganisationen rufen zu Kundgebungen in Istanbul, Ankara, Izmir und Tunceli auf. Der Vorsitzende der türkischen Journalisten-Gewerkschaft, Ercan Ipekçi sieht einen generellen Angriff auf die Pressefreiheit: »Man versucht, an Gesetzen vorbei Medien mundtot zu machen.« Kein Wunder also, daß sich auch Menschen den Protesten anschließen, die bis heute wenig mit Hayat TV zu tun hatten.