junge Welt vom 7. Juli 2008:
Rund dreitausend Menschen haben am Samstag in Berlin für Bewegungsfreiheit und für ein globales Recht auf Migration, gegen Abschiebungen und Sondergesetze Flüchtlinge und Migranten demonstriert. Anlaß war der 15. Jahrestag der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf politisches Asyl durch die Verfassungsänderung von 1993.
Ein Vertreter des Berliner Flüchtlingsrats erinnerte zu Beginn in einem Redebeitrag an die Pogromstimmung gegen Flüchtlinge Anfang der 90er Jahre. Angeheizt durch eine Medienkampagne unter dem Motto »Das Boot ist voll« gipfelte sie in Brandanschlägen mit mehreren Toten und Schwerverletzten. Mit der Abschaffung des Asylrechts habe sich die damalige Bundesregierung zum Erfüllungsgehilfen des rassistischen Mobs auf der Straße gemacht, erklärte die Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion Sevim Dagdelen bei der Auftaktkundgebung am Schloßplatz in Berlin-Mitte. Die jüngste Novellierung des Zuwanderungsgesetzes sei ein weiterer Angriff auf die Rechte der Betroffenen. Sie sei geprägt von Flüchtlingsabwehr und sozialer Selektion. »Wer keinen Nutzen für den Standort Deutschland hat, wird wieder dahingeschickt, wo er – vermutlich – hergekommen ist«, so Dagdelen. Völlig zu Recht habe das lateinamerikanische Wirtschafsbündnis Mercosur die an deutschem Standard orientierte EU-Abschieberichtlinie scharf kritisiert, so die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Mit Parolen wie »No Border, no Nation, stop Deportation« zogen anschließend die Demonstrationsteilnehmer durch die Innenstadt. Ein 60 Meter langes Seitentransparent erinnerte an die Todestage von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten, die in der BRD Opfer rassistischer Morde geworden sind oder aus Angst vor ihrer bevorstehenden Abschiebung Selbstmord begangen haben. Den Aufruf zur Demonstration, der als Faltblatt auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch, Kurdisch, Russisch und Arabisch verteilt wurde, hatten zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen unterzeichnet.
Neben Antifa-Gruppen, Flüchtlingsinitiativen, Gewerkschaftsarbeitskreisen und Bundestagsabgeordneten der Fraktion Die Linke unterstützten die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), die Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland (YEK-KOM) und die türkische Föderation der demokratischen Arbeitervereine (DIDF) die bundesweite Protestaktion, ebenso die Landesverbände der Linksjugend Berlin und Brandenburg. Den Abschluß bildete ein HipHop- und SkaPunk-Konzert am Oranienplatz.