junge Welt vom 15.05.2006:
Essen: Dachverband türkischer Arbeitervereine feierte sein 25jähriges Bestehen. 8500 besuchten das Festival
Alle zwei Jahre lädt die türkische Föderation der demokratischen Arbeitervereine (DIDF) ihre Mitglieder und Sympathisanten zu einem Fest ein. Das diesjährige Festival am Samstag in der Essener Gruga-Halle war dabei in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit. Wie nie zuvor stand das Großereignis im Zeichen der Zusammenarbeit von linken Kräften.
Die bedeutendsten linken Organisationen in Deutschland hatten ihre Informationsstände aufgebaut, viele weitere schickten Grußworte nach Essen. Gratulationen von Claudia Roth (Grüne), Ulla Jelpke (Linkspartei), der WASG NRW, der DKP und der Gewerkschaften ver.di und IG Metall wurden verlesen. Gemäß ihrem Selbstverständnis gestaltete die DIDF ein deutsch-türkisches Kulturprogramm. Den Höhepunkt des Abends bildeten »Kardes Türküler« mit ihren türkischen, kurdischen und arabischen Liedern.
Mehrere Redebeiträge begleiteten das achtstündige kulturelle Programm, das von sieben türkischen Fernsehteams in die Türkei und ganz Europa übertragen wurde. Die größte Zustimmung erhielt der Bundestagsfraktionsvorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine. Er warnte vor einer Aggression im Iran und griff die falsche Außenpolitik Deutschlands an. Auch innenpolitische Fragen sprach er an: »Wir haben uns in Deutschland viele Jahre lang eine unsinnige Debatte geleistet: die Debatte darüber, ob wir ein Einwanderungsland seien oder nicht«, sagte Lafontaine und fuhr fort: »Seit vielen Jahren haben wir Migrantinnen und Migranten in Deutschland, die unser Leben und unsere Kultur bereichert haben«. »Gemeinsam sind wir stark!« rief er den Zuhörern zu. Immer wieder wurde er während der Rede von Sprechchören und tosendem Applaus unterbrochen. Der Fraktionsvorsitzende, dem in der Vergangenheit von Bürgerlichen Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen worden war, äußerte sich zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit zur Migration.
Der linke Europaabgeordnete Tobias Pflüger betonte, daß die Grenzen nicht zwischen den Menschen unterschiedlicher Herkunft, sondern zwischen Arm und Reich verlaufen. »Wir brauchen eine internationale Zusammenarbeit gegen Sozialabbau und Kriegspolitik, wir brauchen alle Kräfte«, rief er die DIDF zu weiterer Zusammenarbeit auf. Der DIDF-Vorsitzende Hüseyin Avgan erklärte, die Föderation werde weiter an der Einheit der werktätigen Menschen arbeiten. Das Linksbündnis sieht er als wichtige Möglichkeit, den gemeinsamen Kampf zu stärken.