Bei einem rassistisch-faschistischen Anschlag auf das Büro der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Izmir am 17.6. wurde die Mitarbeiterin des Parteibüros und HDP Mitglied Deniz Poyraz ermordet. Unser tiefstes Mitgefühl und aufrichtiges Beileid gelten der gesamten Familie von Deniz Poyraz wie auch allen demokratischen und friedenspolitischen Kräften in der Türkei.
Vor dem Hintergrund, dass die HDP immer wieder Zielscheibe von Angriffen der Regierungskoalition der AKP und MHP ist, darf der Anschlag nicht als Zufall bewertet und eingeordnet werden. So teilte die HDP mit, dass zum Zeitpunkt des Anschlags eine zuvor geplante und einberufene Vorstandssitzung kurzfristig abgesagt wurde. Vermutlich lagen dem Vorstand begründete Hinweise zur Gefahrenlage vor, was den Verdacht erhärtet, dass es sich um einen gezielten und geplanten Anschlag handelte. Bereits mehrfach hat die Partei die Polizei über die Situation informiert und um Schutz gebeten. Mehrfach haben Anhänger der AKP und MHP vor dem Parteibüro Kundgebungen abgehalten und Parteimitglieder angegriffen. Die Polizei zog es aber weiterhin vor, lediglich zuzuschauen.
Seit Monaten spitzt sich der repressive Kurs der türkischen Regierung um die AKP und MHP gefährlich zu. Zur Verfestigung des repressiven Regimes ist der Regierungskoalition jedes Mittel Recht: Chaos, militärische Übergriffe und Drohungen gehören unlängst zum Repertoire in der Innen- und Außenpolitik der Türkei. Das Land treibt in tiefere Spannungen, die sich in Polarisierung und Repressionen gegen demokratische Oppositionelle und fortschrittliche Kräfte entladen. Die Hetze und Angriffe auf die HDP hatte in den letzten Monaten landesweit zugenommen. Attacken und Drohungen werden gar von höchster staatlicher Ebene ermutigt. Erst vor wenigen Monaten leitete die türkische Generalanwaltschaft ein Verbotsverfahren gegen die HDP ein. Jüngst hatte Staatspräsident Erdogan eine Attacke auf die Politikerin Meral Aksener während einer Kundgebung in der Stadt Rize verharmlost und noch größere Attacken und Drohungen angekündigt.
Die Politik der Aggression richtet sich nach innen – mit härteren Methoden gegen größere Kreise von Kritikern, politischen Gegnern, demokratischen Kräften und Kurden, die sich ihr nicht beugen wollen. Als Reaktion auf den bewaffneten Angriff auf das Parteibüro der HDP in Izmir postete der Mafiaboss Sedat Peker, dass die Regierung keine Scheu habe, weitere Lynchattacken in Auftrag zu geben, um aus dem politischen und sozialen Chaos zu profitieren. Sich dagegen zu widersetzen, ist Teil der Solidarität mit der HDP. Denn dieser Angriff galt nicht der HDP alleine, sondern allen demokratisch-fortschrittlichen Kräften in der Türkei.
Die türkische Regierung versucht indes, ihre Politik der Polarisierung nach Deutschland zu exportieren. So hat sie die Aktivitäten und Organisierung türkisch-nationalistischer Strukturen in Deutschland, einschließlich faschistischer Mafiaorganisationen wie die „Osmanen Germania“ maßgeblich unterstützt und gegen Oppositionelle in Deutschland eingesetzt. Die Forderung nach Demokratie und friedlichem Zusammenleben des türkischen und kurdischen Volkes in der Türkei eint viele türkeistämmige Menschen auch in Deutschland. Die Chaos-Politik der türkischen Regierung befeuert Spaltung und Hetze, deren Leidtragende die Werktätigen wie breite Teile der Bevölkerung in der Türkei und Deutschland sein werden.
Wir, die Föderation der Demokratischen Arbeitervereine, verurteilen den Anschlag auf das Parteibüro der HDP in Izmir, fordern die strafrechtliche Verfolgung des Täters und seiner Hintermänner und aller Verantwortlichen und rufen zur Unterstützung der Solidaritäts- und Protestaktionen auf, zu denen in mehreren Städten in diesen Tagen aufgerufen werden.
DIDF Bundesvorstand
Köln, 17.06.2021